Donnerstag, 1. November 2012

Quo vadis Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.?

Mit großer Bestürzung mussten die Vertreter der Deutschen Schmerzliga (DSL) e.V. erfahren, dass sich die Mitgliederversammlung der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. – ihres neuen Kooperationspartners – am 17.10.2012 in Mannheim mit großer Mehrheit gegen die gemeinsam seit Jahren von der Deutschen Schmerzliga, der Deutschen Gesellschaf für Schmerztherapie (DGS) e.V. und dem Berufsverband der Schmerztherapeuten Deutschlands (BVSD) vorangetriebene Forderung nach einem Facharzt für Schmerzmedizin ausgesprochen hat.

Dem Beschluss vorausgegangen war ein im Vorfeld der Mitgliederversammlung der Deutschen Schmerzgesellschaft frist- und satzungsgerecht eingereichter Antrag des DGS-Vorstandsmitglieds Dr. Emrich sowie eine hochemotionale Diskussion  an deren traurigem Ende die Patientenvertreter der Deutschen Schmerzliga fassungslos miterleben mussten, dass die gemeinsamen Bemühungen zur Verbesserung der schmerzmedizinischen Versorgung chronischer Schmerzpatienten in Deutschland von den Mitgliedern der Deutschen Schmerzgesellschaft – gegen die ausdrückliche Empfehlung des eigenen Vorstandes – keine Mehrheit fanden.

„Mit diesem Mehrheitsvotum haben die Mitglieder der Deutschen Schmerzgesellschaft dem Anliegen chronischer Schmerzpatienten einen Bärendienst erwiesen“ konstatiert der Präsident der Deutschen Schmerzliga Dr. Michael Überall frustriert. „Damit wurden uns und all unseren Bemühungen um eine gemeinsame Position bzgl. dieses Uranliegen niedergelassenen Schmerztherapeuten und chronischer Schmerzpatienten der Boden unter den Füßen weggezogen. Wir sind von dieser Entwicklung überrascht worden und müssen nun zusammen mit dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie diskutieren, wie wir weiter machen“, fasst Vizepräsident Harry Kletzko dieses Ergebnis der Mitgliederversammlung der Deutschen Schmerzgesellschaft zusammen. „Klar ist, dass wir jetzt nicht einfach da weiter machen können, wo wir zuletzt standen“ schließt Überall. „Letztlich wurde mit diesem Mitgliederbeschluss ja auch die jahrelange Arbeit des bisherigen Vorstandes der Deutschen Schmerzgesellschaft in Frage gestellt.“

„Jetzt muss der Vorstand der Deutschen Schmerzgesellschaft aus meiner Sicht nun erst einmal klären, welche Position er in Zukunft vertreten will“, erläutert Überall dem Vorstand der Deutschen Schmerzliga die aktuelle Situation. Hier ist jetzt dringende Aufklärung seitens der Deutschen Schmerzgesellschaft zu leisten, was letztlich Anlass für diese überraschende Ablehnung des Antrags für ihre Mitgliederversammlung war.

Noch am Abend beschlossen die Präsidenten der Deutschen Schmerzliga und der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, sich auch von diesem neuen Hindernis nicht von ihrem eingeschlagenen Weg abbringen zu lassen. „Wir brauchen dringend einen Facharzt für Schmerzmedizin, wenn wir die gesundheitspolitischen Grundprobleme der unzureichenden Versorgung von Schmerzpatienten in Deutschland lösen wollen“ schließt Dr. Müller-Schwefe und Dr. Überall ergänzt, dass „die Deutsche Schmerzliga auch weiterhin gemeinsam mit allen ernsthaft an einer Verbesserung der schmerzmedizinischen Versorgung in Deutschland interessierten Fachgesellschaften zusammen arbeiten wird, diese müssten jedoch eindeutig und zweifelsfrei Position beziehen und Stellung nehmen, wie sie gedenken die Bedürfnisse Betroffener nachhaltig zu verbessern“. Bleibt abzuwarten, wie sich die Deutsche Schmerzgesellschaft dazu äußert.

Montag, 29. Oktober 2012

Chronischer Schmerz: Wird zu viel operiert? Rückblick auf die 15. Südwestdeutschen Schmerztage


Die Südwestdeutschen Schmerztage locken jedes Jahr mehr als 200 Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten und Angehörige der Pflegeberufe nach Göppingen. Auch bei der 15. Veranstaltung am 12. und 13. Oktober 2012 drängten sich in den Veranstaltungsräumen der Göppinger Stadthalle die Zuhörer. Das Motto der Tagung lautete: Schmerzmedizin heute : Kontroversen – Innovationen – Perspektiven.
Und von allen dreien gab es reichlich. Es ging um die häufigsten Schmerzformen, beispielsweise Spannungskopfschmerzen und Rückenschmerzen. Die Experten beleuchteten aber auch seltene Schmerformen, wie etwa das chronisch regionale Schmerzsyndrom. Diskutiert wurden die Einsatzmöglichkeiten neuer Medikamente und die Schmerztherapeuten präsentierten Perspektiven, wie die Versorgung von Patienten verbessert werden kann.
Traditionell sind die Südwestdeutschen Schmerztage nicht nur eine Veranstaltung für Experten, sondern auch für betroffene Patientinnen und Patienten und interessierte Bürger. In diesem Jahr lautete das Motto des wie immer gut besuchten öffentlichen Forums: Auf Messers Schneide – wird zu viel operiert? Am Ende der Tagung stand der Leiter der Südwestdeutschen Schmerztage, Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie und Leiter der Schmerztage, für ein Interview zur Verfügung. Das Gespräch hat Barbara Ritzert geführt.
 Interview mit Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe
 


Dienstag, 9. Oktober 2012

»Schmerz alleine ist kein Grund für eine Operation« Auf Messers Schneide – wird zu viel operiert? / Patientenforum im Rahmen der 15. Südwestdeutschen Schmerztage in Göppingen

(Göppingen) Ständige Schmerzen im Rücken, im Knie, in der Hüfte oder in der Schulter – die Hoffnung betroffener Patienten ist verständlich, dass eine Operation die Pein schnell beseitigen möge. Dies kann auch der Fall sein – vorausgesetzt die Indikation wurde korrekt gestellt. »Doch Schmerz alleine ist keine Indikation für eine Operation«, warnt Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Göppingen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie und Leiter der 15. Südwestdeutschen Schmerztage, die am kommenden Wochenende in Göppingen stattfinden. Die Frage, wann Operationen und wann schmerztherapeutische Konzepte sinnvoll sind, beantworten Experten im Rahmen des öffentlichen Patientenforums »Auf Messers Schneide – wird zu viel operiert?«, das am 12. Oktober 2012 um 18:00 Uhr in der Stadthalle Göppingen stattfindet. Der bekannte Rundfunkmoderator Michael Branik wird durch das Forum führen.

Kann man ständige Schmerzen einfach wegoperieren? Viele Ärzte und Patienten scheinen davon überzeugt zu sein. So stieg beispielsweise innerhalb von drei Jahren – zwischen 2007 und 2010 – die Zahl der Bandscheiben-Operationen in Deutschland um 30 Prozent. Im Jahr 2007 registrierte das Statistische Bundesamt 140.000 Eingriffe, 2010 waren es bereits 171.000 (aktuellere Daten liegen nicht vor). Die Zahl der Wirbelsäulenversteifungen mit Schrauben und Platten aus Metall hat sich in diesem Zeitraum sogar nahezu verdreifacht.
Überflüssige Eingriffe. Gegen nahezu alle Schmerzarten werden heute Operationen angeboten, sogar gegen Migräne.  Doch trotz aller Fortschritte der Operationstechniken mehren sich inzwischen die Hinweise, dass viele dieser Eingriffe überflüssig sind, mitunter sogar schädlich. »Wir wissen beispielsweise schon seit Jahren, dass es Patienten mit Bandscheibenvorfall und ins Bein ausstrahlenden Schmerzen ob mit oder ohne OP nach einem Jahr besser geht«, sagt Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Leiter der Südwestdeutschen Schmerztage. 


Zweit-Meinung vor Operation. Darum bietet die Techniker Krankenkasse seit dem Jahr 2010 ihren Versicherten die Möglichkeit, sich vor einer Rücken-Operation eine zweite Expertenmeinung in speziellen Schmerzzentren einzuholen. Das Göppinger Schmerzzentrum von Dr. Müller-Schwefe ist eines dieser Zentren, von denen es bundesweit über 30 gibt. 


In 85 Prozent der Fälle ist keine OP nötig. Von diesem Angebot haben zwischenzeitlich 500 Patientinnen und Patienten Gebrauch gemacht. Das Ergebnis einer Auswertung des Programms zu Beginn des Jahres überraschte selbst Experten: In 85 Prozent der Fälle riet das Schmerzteam – bestehend aus Schmerzmediziner, Psychotherapeut und Physiotherapeut – von einer Operation ab und empfahl eine sogenannte multimodale Therapie, die inzwischen der Goldstandard in der Schmerzbehandlung ist. Multimodal bedeutet, dass verschiedene Therapien – Medikamente, Bewegung, psychologische Strategien, Physiotherapie – von jeweiligen Experten im Rahmen eines Kompaktprogrammes kombiniert werden. »Dieses Vorgehen ist besonders bei Rückenschmerzen hochwirksam«, sagt Dr. Müller-Schwefe. »Die Erfolgsrate liegt bei über 80 Prozent.«


Gleichwohl räumt der Experte ein, dass es natürlich Fälle gibt, bei denen eine Operation hilfreich ist. »Auf der einen Seite sind Operationen zwar Verletzungen und bergen Risiken«, sagt Dr. Müller-Schwefe. »Auf der anderen Seite darf man nicht so lange warten bis unumkehrbare Schäden entstanden sind, wenn ein Eingriff die beste Lösung ist.«


Wichtig ist eine gute Schmerztherapie nach der Operation. »Ist eine Operation erforderlich, müssen die Therapieziele realistisch gesetzt werden«, rät Dr. Müller-Schwefe. Denn nicht nur der Eingriff selbst, sondern auch die richtige Nachbehandlung sind für das Behandlungsergebnis entscheidend. »Zu dieser Nachbehandlung gehört in jedem Fall eine gute Schmerztherapie«, sagt Dr. Müller-Schwefe. Denn wer Schmerzen hat, mag sich nicht bewegen und aktiv werden. Doch dies ist entscheidend für den Behandlungserfolg. »Wenn ein Therapieergebnis nicht zufriedenstellend ausfällt, muss dies nicht an der Operation liegen, sondern kann die Folge einer ungenügenden postoperativen Schmerzbehandlung und damit das Ergebnis mangelnder Aktivierungs- und Trainingsmöglich-keiten sein.«
Im Patientenforum im Rahmen der Südwestdeutschen Schmerztage informieren Fachleute auf verschiedenen medizinischen Gebieten über die aktuellen Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie von Schmerzen des Bewegungssystems und erläutern Chancen und Risiken operativer und konservativer Therapien. Der bekannte Rundfunkmoderator Michael Branik wird durch das Forum führen und mit kritischen Nachfragen für präzise Informationen sorgen.

Schmerz verstehen und behandeln
Auf Messers Schneide: Wird zu viel operiert?
Öffentliches Forum am Freitag, 12. Oktober 2012 · 18:00 Uhr · Stadthalle Göppingen 


http://www.schmerztag.org/

Donnerstag, 28. Juni 2012

Birgitta Gibson, Vizepräsidentin der Deutschen Schmerzliga, mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet

(Frankfurt/Main) Birgitta Gibson, Vizepräsidentin der Deutschen Schmerzliga e.V. wurde am Dienstag, den 26. Juni 2012 für ihr Engagement für das Gemeinwohl mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Dr. Manuela Rottmann, Dezernentin für Umwelt, Gesundheit und Personal überreichte Birgitta Gibson die Ehrung am 26. Juni 2012 im Frankfurter Römer.

Birgitta Gibson, gründete im Jahr 1989 in Frankfurt am Main eine Selbsthilfegruppe für Schmerzpatienten, die zur Keimzelle der Deutschen Schmerzliga wurde und die von der Vizepräsidentin der Patientenorganisation auch heute noch betreut wird. Frau Gibson gehört auch zu den Gründungsmitgliedern der Patientenorganisation, die sich seit 1990 für die Belange von Patienten mit chronischen Schmerzen einsetzt. Von 1997 - 1999 war Birgitta Gibson Mitglied im Vorstand, engagiert sich seit 2002 erneut als Vizepräsidentin und wurde im April 2012 mit großer Mehrheit wieder in den Vorstand gewählt.

Birgitta Gibson ist selbst seit 1983 Schmerzpatientin. Die ehemalige Lehrerin setzt sich dafür ein, dass chronischer Schmerz als eigenständige Erkrankung anerkannt wird und betroffene Patienten von speziell ausgebildeten Ärzten behandelt werden. »Ich habe erst mit einer kompetenten Schmerztherapie wieder Lebensqualität erlangt. Nachdem es mir endlich besser ging, wollte ich Betroffenen beistehen und ihnen Mut machen nicht aufzugeben. Anderen Schmerzpatienten zu helfen ist ein ureigenstes Anliegen, wenn man selbst Schmerzpatient ist«, erklärt Gibson ihre Motivation, sich für Schmerzpatienten einzusetzen.

»Wir freuen uns sehr, dass mit Frau Gibson eine so engagierte und verdiente Vorstandskollegin mit der Verdienstmedaille geehrt wurde«, erklärt Dr. med. Michael Überall, Präsident der Deutschen Schmerzliga e.V. »Dies ist nicht nur eine Bestätigung ihrer bisherigen Arbeit und Impuls weiter zu machen, sondern auch Ansporn für uns alle, die wir mit ihr zusammen arbeiten dürfen. Mit dieser Auszeichnung wird zu Recht eine Vertreterin der Deutschen Schmerzliga geehrt, die von Anfang an nicht nur mit dabei, sondern stets auch mitten drin gewesen ist. Frau Gibson, ist ein Paradebeispiel für die Persönlichkeiten, die wir heute dringender denn je brauchen, wenn wir etwas für die von chronischen Schmerzen Betroffenen in unserem Gesundheitssystem ändern wollen: Wir brauchen Menschen voller Mut und Engagement, die die Dinge ändern wollen, die geändert werden müssen, die auch die notwendigen Weisheit haben, diese Dinge zu erkennen, und die mit entspannter Gelassenheit auch solche Dinge in Angriff nehmen, von denen landläufig behauptet wird, dass sie sich nicht ändern lassen.«

»Birgitta Gibson ist ein besonders gutes Beispiel dafür, wie man die Aufforderung, sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl einzusetzen in die Wirklichkeit umsetzen kann«, ergänzt Dr. med. Marianne Koch, Ehrenpräsidentin der Deutschen Schmerzliga. »Frau Gibson hat, ungeachtet ihrer  persönlichen gesundheitlichen Probleme gezeigt, wie viel Engagement und Kraft von einem Menschen ausgehen können, der sich dem Allgemeinwohl verpflichtet fühlt und der persönliche Interessen hinter das Wohlergehen von anderen zurückstellt.«

Samstag, 16. Juni 2012

Herausnahme starker Schmerzmittel aus der Austauschpflicht: Schmerzliga fordert eindeutige gesetzliche Regelung

Die Deutsche Schmerzliga hat auf einer Pressekonferenz in Berlin am 15. Juni 2012 die Bundesregierung erneut aufgefordert, stark wirksame Schmerzmittel von der automatischen Austauschpflicht per Gesetz auszuschließen und so eine eindeutige Regelung zu treffen. Denn ein aktueller Änderungsantrag im Rahmen der Novelle des Arzneimittelgesetzes lässt befürchten, dass die Umsetzung des berechtigten Anliegens der Schmerzpatienten trotz der Unterstützung durch den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages erneut auf die lange Bank geschoben werden soll.

Die Freude war Ende Mai diesen Jahres groß gewesen, als der Petitions-Ausschuss des Deutschen Bundestages die Forderung der Deutschen Schmerzliga unterstützte, starke Schmerzmittel von der automatischen Austauschpflicht auszunehmen. Denn diese Austauschpflicht führt in vielen Fällen dazu, dass Patienten durch die Umstellung auf ein anderes, wenn auch wirkstoffgleiches Medikament, vermehrt unter Schmerzen oder unerwünschten Nebenwirkungen leiden. 

Der Ausschuss hatte die Petition der Patientenorganisation, die Anfang 2011 von 75.000 Menschen unterstützt worden war, dem Bundesministerium für Gesundheit als Material überwiesen und den Fraktionen zur Kenntnis gegeben. „Man halte die Eingabe für geeignet, bei künftigen Überlegungen der Bundesregierung einbezogen zu werden und nehme das darin vorgetragene Anliegen sehr ernst“, verlautbarte der Ausschuss.

Die Forderung der Schmerzliga könnte im Rahmen anstehender Gesetzesänderungen problemlos umgesetzt werden: In den „Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung“ müsste nur ein Absatz eingefügt werden: „(1b)Betäubungsmittel gemäß Betäubungsmittelgesetz (BtmG), Anlage III sind von der automatischen Austauschpflicht gem. Abs. 1 Satz 1 ausgeschlossen.“

Doch die Regierungsfraktionen scheuen diese eindeutige Regelung. Stattdessen wurde im jetzt vorliegenden Anderungsantrag eine wachsweiche „Kann-Regelung“ formuliert und vor allem die Entscheidung, ob starke Schmerzmittel von der automatischen Austauschpflicht ausgenommen werden sollen, der Selbstverwaltung aus Apothekerverband und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen übertragen. Die Folge ist klar: Das Recht der Patienten auf eine adäquate Schmerztherapie droht – wieder einmal – im Gezerre um Kosten und Prioritäten auf der Strecke bleiben.

"Der aktuell vorliegende Änderungsantrag wird in keiner Weise dem Hauptanliegen der von uns eingebrachten und vom Ausschuss einstimmig befürworteten Petition gerecht, kritisiert Privat Dozent Dr. Michael Überall, Präsident der Deutschen Schmerzliga. "Wir sind daher in großer Sorge, dass durch diese Regelung eine rasche Lösung des Problems zu Gunsten der betroffenen Patienten erneut in weite Ferne rückt", vermutet die Ehrenpräsidentin der Patientenorganisation, Dr. Marianne Koch, die die Petition 2011 auf den Weg gebracht hatte. Die Schmerzliga fordert die Bundesregierung daher auf, den ursprünglichen Wortlaut der Petition in den Gesetzentwurf aufzunehmen.

Donnerstag, 24. Mai 2012

»Eine wichtige Entscheidung für Schmerzpatienten und für eine bessere Schmerztherapie« /Deutsche Schmerzliga begrüßt das Votum des Petitionsausschusses, starke Schmerzmittel von der Austauschpflicht auszunehmen

»Für Millionen Patienten mit starken chronischen Schmerzen ist die gestrige Entscheidung des Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eine gute Nachricht«, erklärt Dr. med. Marianne Koch, Ehrenpräsidentin der Deutschen Schmerzliga. »Wir freuen uns sehr, dass der Ausschuss unsere Forderung unterstützt, starke Schmerzmittel von der automatischen Austauschpflicht gegen Medikamente auszunehmen, mit denen die jeweilige Krankenkasse des Patienten einen Rabattvertrag abgeschlossen hat«, sagt  Privat Dozent Dr. med. Michael A. Überall, Nürnberg, Präsident der Deutschen Schmerzliga.

Im Januar 2011 hatte Dr. Marianne Koch als Präsidentin der Deutschen Schmerzliga eine Petition beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingereicht: Starke Schmerzmittel sollen aus der automatischen Austauschpflicht gegen ein Arzneimittel herausgenommen werden, mit dessen Hersteller die Krankenkasse des Patienten einen Rabattvertrag abgeschlossen hat. Denn Umfragen der Patientenorganisation belegen, dass Patienten, die gut auf eine medikamentöse Schmerztherapie eingestellt sind, vermehrt unter Schmerzen oder mehr unerwünschten Nebenwirkungen leiden, wenn das Präparat ohne medizinischen Grund ausgetauscht wird. Mehr als 72.000 Menschen hatten diese Petition unterstützt.

Bei einer öffentlichen Anhörung vor dem Petitionsausschuss im Mai letzten Jahres hatte Dr. Marianne Koch die Forderungen der Patientenorganisation erläutert und berichtet, dass etwa 70 Prozent der Patienten Probleme bei einer Umstellung hätten und dass darüber hinaus viele Patienten mehrfach oder immer wieder umgestellt würden.

»Die einstimmige Entscheidung des Petitionsausschusses unser Anliegen ernst zu nehmen, die Petition an das Bundesministerium für Gesundheit zu überweisen und den Fraktionen zur Kenntnis zu geben, belegt, dass die Politiker nachvollziehen können, dass chronische Schmerzpatienten besondere Bedürfnisse haben und das starke Schmerzmittel, Opiate, die dem Betäubungsmittelrecht unterstehen, eine besondere Substanzklasse sind«, erklärt Schmerzliga-Präsident PD Dr. Michael A. Überall. »Nun liegt der Ball wieder im Gesundheitsministerium und es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen«, so der Schmerztherapeut und Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin weiter, »dass der Ball dort nun nicht in einer Ecke liegen bleibt, sondern dass schnellstmöglich die erforderlichen Entscheidungen getroffen werden, damit die Schmerztherapie wieder von den medizinischen Erfordernissen der Patientinnen und Patienten und nicht von Rabattverträgen bestimmt wird.«

Dienstag, 15. Mai 2012

Ein Durchbruch für Patienten: Schmerzmedizin wird Pflichtfach im Medizinstudium / Deutsche Schmerzliga begrüßt neue Approbationsordnung für Ärzte

PD Dr. med. Michael A. Überall
Die Änderung der Approbationsordnung für Ärzte scheint geringfügig – eine Zahl, ein Wort. »Doch für Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen ist sie ein Durchbruch«, erklärt PD Dr. med. Michael A. Überall, Nürnberg, Präsident der Deutschen Schmerzliga e.V. »Die Schmerzmedizin wird   Pflichtfach im Medizinstudium.« »Endlich! Es ist eine riesige Freude, dass unser jahrelanger Einsatz für eine bessere Versorgung von Schmerzpatienten politisch umgesetzt wurde und die Schmerzmedizin zukünftig als Querschnittsfach zum Medizinstudium gehören wird«, ergänzt Dr. med. Marianne Koch, die langjährige Präsidentin und jetzige Ehrenpräsidentin der Patientenorganisation.

Am 11. Mai 2012 hat der Bundesrat der Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte zugestimmt. Damit wird die Schmerzmedizin zum Pflichtfach im Medizinstudium. Alle angehenden Ärzte werden auf dem Gebiet der Diagnostik, Therapie und Prävention chronischer Schmerzen ausgebildet. »Die Universitäten sind jetzt verpflichtet, Schmerzmedizin zu unterrichten und ab 2016 müssen Medizinstudenten, die sich zum zweiten Staatsexamen anmelden, entsprechende Leistungsnachweise vorlegen«, erklärt PD Dr. Michael A. Überall, Nürnberg, Präsident der Deutschen Schmerzliga e.V. 

Seit mehr als 20 Jahren setzt sich die Deutsche Schmerzliga für eine bessere Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen ein. Diese hängt vor allem auch von einer guten Ausbildung der Ärzte auf dem Gebiet der Schmerzmedizin ab. »Tatsache war jedoch, dass Ärzte ihr Studium und ihre Facharztausbildung abschließen konnten, ohne jemals mit dem Thema in Berührung gekommen zu sein,« betont Überall. »Die enormen Fortschritte in der Schmerzmedizin kamen bei den Patienten nicht an, weil die Ärzte nicht gelernt hatten, wie sie chronische Schmerzen diagnostizieren, behandeln und ihnen vor allem vorbeugen können.«
Die neue Approbationsordnung, die unter Gesundheitsminister Christian Bahr auf den Weg gebracht wurde, wird dies nun hoffentlich ändern: Ab 2016 ist die Ausbildung in Schmerzmedizin eine der Voraussetzungen, um zum medizinischen Staatsexamen zugelassen zu werden. 

»Die bessere Breitenausbildung der Medizinstudenten in Schmerzmedizin ist ein wichtiger Meilenstein«, sagt Dr. Überall. Allerdings sind nach Auffassung der Patientenorganisation weitere Schritte erforderlich, um die schätzungsweise 15 Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen besser zu versorgen. Dies gilt insbesondere für jene fünf bis sechs Millionen Patientinnen und Patienten, deren Schmerz sich verselbstständigt hat und die daher an einem eigenständigen Krankheitsbild, der chronischen Schmerzkrankheit leiden. »Die Deutsche Schmerzliga wird sich nicht nur dafür einsetzen, dass ein Facharzt für Schmerzmedizin geschaffen wird, der für die Therapie dieser komplexen Erkrankung qualifiziert und ausgebildet ist«, sagt Dr. Überall, sondern auch dafür, dass »die Schmerzmedizin als ein an den Patientenbedürfnissen orientiertes fachgebietsübergreifendes Querschnittsfach nicht nur formal sondern auch konkret realisiert wird«.

Montag, 23. April 2012

Dr. Michael A. Überall aus Nürnberg zum Präsidenten der Deutschen Schmerzliga e.V. gewählt

Die Deutsche Schmerzliga e.V., die Patientenorganisation für Menschen mit chronischen Schmerzen, hat den Schmerztherapeuten und Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Priv. Doz. Dr. med. Michael A. Überall aus Nürnberg, zum neuen Präsidenten gewählt.  Die Wahl erfolgte am 18. April 2012 im Rahmen einer Mitgliederversammlung der Organisation in Mannheim.

Dr. Überall ist Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie und medizinischer Direktor des Instituts für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie in Nürnberg. Er leitet auch das Regionale Schmerzzentrum DGS in Nürnberg.

„Die Schmerzliga steht auf zwei Säulen“, erklärt Dr. Überall. „Die eine ist die regionale Arbeit der rund 100 Selbsthilfegruppen, die unter dem Dach der Schmerzliga zusammenarbeiten. Die zweite Säule sind die bundespolitischen Aktivitäten, um die Situation der Schmerzpatienten nachhaltig zu verbessern. Ich werde mein Bestes geben, um beide Säulen so gut es geht zu stärken.“

Neu als Vizepräsidentinnen in den Vorstand gewählt wurden Susanne Wüste, Leiterin der Selbsthilfegruppe "Schmerz und Hoffnung" in Lindlar, und Rita Aßfalg, Leiterin von zwei Schmerz-Selbsthilfegruppen Bodensee-Oberschwaben in Ravensburg und Friedrichshafen sowie 1. Vorsitzende des Selbsthilfenetzwerkes im Landkreis Ravensburg.

Im Amt als Vizepräsidenten der Gesellschaft bestätigt wurden: Birgitta Gibson, Diezenbach, Gründungsmitglied der Deutschen Schmerzliga und Leiterin einer Selbsthilfegruppe in Frankfurt/Main sowie Harry Kletzko, Mitglied der Ethikkommission des Zentralverbandes der Physiotherapeuten Deutschlands, Diez. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, Dr. Gerhard H.H. Müller-Schwefe, Göppingen, ist qua Amt Mitglied im Vorstand der Schmerzliga.

Die Deutsche Schmerzliga setzt sich seit über 20 Jahren für eine bessere Versorgung der 15 Millionen Patienten mit chronischen oder wiederkehrenden Schmerzen ein. An ihrer Spitze stand von 1997 bis 2011 als Präsidentin Dr. med. Marianne Koch, die im Juli 2011 ihr Amt niederlegte und seither als Ehrenpräsidentin die Schmerzliga weiter unterstützt. 


Bildunterschrift: Der neue Vorstand der Deutschen Schmerzliga (von li.n.re.):Rita Aßfalg, Harry Kletzko, Susanne Wüste, Priv. Doz. Dr. Michael A. Überall, Birgitta Gibson, Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe.

Mittwoch, 11. April 2012

Viele bunte Luftballons für Dr. Marianne Koch



Die Überraschung war perfekt gelungen: Der Vorstand der Deutschen Schmerzliga überreichte Dr. Marianne Koch, Ehrenpräsidentin der Patientenorganisation, am 15. März 2012 im Rahmen einer Pressekonferenz auf dem 23. Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt gute Wünsche in einer ungewöhnlichen Darreichungsform. Für 14 Jahre großes und persönliches Engagement für die Deutsche Schmerzliga hatten sich hunderte Menschen bei Dr. Koch bedankt – im Internet und auf persönlich gestalteten Karten.
Die Selbsthilfegruppen der Patientenorganisation hatten zum Dank für den unermüdlichen Einsatz der Ehrenpräsidentin phantasievolle Luftballonkarten mit ihren Wünschen gestaltet. Hinzu kam ein Buch, in dem die Redaktion mehrere hundert Danksagungen und guten Wünsche zusammengestellt hatte, die Menschen auf der Internetseite der Schmerzliga eingetragen hatten. Dr. Koch strahlte über das ganze Gesicht, als sie die Karten und das Buch entgegen nahm und war tief bewegt. „Ich bleibe der Schmerzliga tief verbunden und werde mich auch weiterhin für die Belange der Schmerzpatienten einsetzen“, so das Versprechen der Ehrenpräsidentin.

Donnerstag, 19. Januar 2012

Schmerzgedächtnis gelöscht – im Experiment

Schmerzforscher der Medizinischen Universität Wien und der Universitätsmedizin Mannheim konnten bei Ratten mit einer hoch dosierten Gabe von Opioiden ein „frisch gespurtes“ Schmerzgedächtnis löschen. Die Untersuchungen wurden an den Tieren in tiefer Narkose durchgeführt. Bei dem Experiment erregten die Wissenschaftler kontrolliert Schmerzfasern der Tiere. Diese Stimulation der Schmerzfasern führt dazu, dass nach einiger Zeit die Übertragung der Signale zwischen den Nervenzellen im Rückenmark verstärkt wird – die Empfindlichkeit der schmerzverarbeitenden Nervenzellen für einlaufende Impulse nimmt zu. So bildet sich das „Schmerzgedächtnis“.

Durch die hochdosierte, intravenöse Gabe eines Opioids über längere Zeit konnten die Wissenschaftler um Professor Jürgen Sandkühler diese Potenzierung vollständig aufheben. Die zelluläre Gedächtnisspur im Rückenmark wurde gelöscht. Allerdings überprüften die Forscher bislang nur die Opioidgabe innerhalb der ersten sechs Stunden nach Beginn der Schmerzreizung, also dann, wenn die innerzellulären Veränderungen noch frisch sind. Darum ist unklar, ob dieses Prinzip gegen bereits länger bestehenden chronischen Schmerz überhaupt wirksam sein kann. Vor allem lassen sich die Ergebnisse von Labor-Experimenten nicht einfach auf den Menschen übertragen. Darum planen die Wissenschaftler nun erste klinische Studien mit Schmerzpatienten.

Professor Jürgen Sandkühler ist Träger des Ehrenpreises des Deutschen Schmerzpreises 2010.